In Heilbronn erblüht der Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI) — das europäische Zentrum für Künstliche Intelligenz. SCHUNK gestaltet als strategischer Partner die Entwicklung mit. Im Gespräch geben Moritz Gräter, CEO des IPAI, und Timo Gessmann, CTO von SCHUNK, einen Einblick in die Kollaboration, die Innovationskultur und wie KI-getriebene Wertschöpfung funktionieren kann.
Herr Gräter, welches Ziel verfolgt IPAI?
Gräter: Das Land Baden-Württemberg wollte in die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft investieren und identifizierte KI als ein zentrales Thema dafür. Ziel des IPAI ist daher, dass Künstliche Intelligenz substanziell in die Produkte und Prozesse, also in die Wertschöpfungsketten, unserer Partnerunternehmen kommt. Wir sind hier das Land der mittelständischen Weltmarktführer und Familienunternehmen. Aber wir werden die längste Zeit Weltmarktführer gewesen sein, wenn wir den Wettbewerbsfaktor KI verschlafen. Denn dann werden wir Nachteile bei Kosten und Innovationen haben. Wir sind überzeugt: Unternehmen sind nur mit KI zukunftsfähig.
Zukunftsfähig nur mit KI – sehen Sie das auch so, Herr Gessmann?
Gessmann: Ja! Genau das sehen wir bei SCHUNK auch. Deshalb sind wir von Anfang an strategischer Partner des IPAI. Wir sehen, dass KI uns hilft, wettbewerbsfähig und innovativ zu bleiben – sowohl in unserer eigenen Fertigung als auch bei unseren Produkten und Dienstleistungen. Als IPAI ins Leben gerufen wurde, war für uns sofort klar, dass wir als Technologiepionier hier mitgestalten wollen. Hier können wir konkrete Praxisfälle aus dem Mittelstand einbringen und diese gemeinsam schneller explorieren und umsetzen. Das Feld KI ist zu groß und zu wichtig, um es allein zu bewirtschaften. KI muss man zusammen machen.
Wie wichtig ist es für IPAI, Partner aus dem Mittelstand zu haben?
Gräter: Das ist essenziell. Denn am Ende geht es uns darum, beizutragen, dass Unternehmen von KI profitieren. Und besonders KMUs nützt die Kräftebündelung in einem Ökosystem. Ich empfinde IPAI als Share-Economy-Plattform für angewandte KI. Nehmen Sie zum Beispiel die Regulierung von KI: Die wenigsten Firmen haben die Kapazität und das Know-how, um zu prüfen, wie sich KI-Regulierungen auf die eigenen Produkte und Wertschöpfungsketten auswirken. Das lässt sich besser in Kollaboration herausfinden. So ein Umfeld zieht für die KMUs auch begehrte Fachkräfte an, die gerne offen und kooperativ arbeiten möchten. SCHUNK ist der Prototyp der Unternehmen, die wir hier haben wollen: eigentümergeführt, nachhaltig und innovativ wirtschaftend. Ein Unternehmen, das die Zukunft in die eigene Hand nimmt. Und das ist uns wichtig.Unternehmen sollen uns nicht nur als Marketing-Zweck sehen. Deshalb stellen wir vor der Zusammenarbeit immer die wichtige Frage: Meint ihr es wirklich ernst?
Gessmann: Ja, wir meinen es ernst. Ich denke, KI liegt sogar in der Mentalität von Maschinenbauunternehmen.
„Mit KI nutzen unsere Kunden die Chancen der Automatisierung voll aus.“
Timo Gessmann, Chief Technology Officer (CTO) bei SCHUNK
Wie meinen Sie das?
Gessmann: Bei SCHUNK wollen wir immer die besten Maschinen bei uns im Hause haben. Kommt zum Beispiel eine neue Drehfräsmaschine in unser Werk, freuen sich alle. Unsere Mitarbeitenden stürzen sich begeistert darauf, tüfteln und probieren aus, bis sie die Maschine in Perfektion beherrschen und mit dieser Best-in-class-Produkte für die Spanntechnik, Greiftechnik und Automatisierungstechnik herstellen können. Diese Mentalität hilft uns bei KI: Die stellen wir – wie die Drehfräsmaschine – nicht selbst her. Aber wir wollen sie im eigenen Hause haben, tief verstehen, ausprobieren und insbesondere anwenden, um damit unsere Produktivität zu steigern und neue KI-basierte Produkte herzustellen. Im IPAI findet dann der Austausch und das Teilen von selbstgewonnenem Wissen statt.
Gräter: Das, was Sie hier beschreiben, ist gelebte Innovationskultur!
Was bietet IPAI seinen Mitgliedern und Partnern?
Gräter: Die Möglichkeit, diese Innovationskultur in einem hochkompetenten Netzwerk voll auszuleben. Jedes Unternehmen verantwortet seine eigenen KI-Projekte natürlich selbst, kann aber entscheiden, wie viel Wissen es mit den anderen teilt — in Workshops, Hackathons oder auch nur an der Kaffeemaschine. Ich beobachte, dass SCHUNK eine der Firmen ist, die besonders stark auf Austausch setzen. Im Prinzip ist es einfach: Je mehr man in das Netzwerk reinsteckt, desto mehr bekommt man auch heraus.
Gessmann: SCHUNK ist am IPAI mit einem eigenen Büro und sechs Arbeitsplätzen vor Ort. Wir arbeiten hier Tür an Tür mit anderen Unternehmen wie Audi, Würth und Schwarz Digits. Über die letzten anderthalb Jahre ist ein enges Vertrauensverhältnis zwischen den Unternehmen entstanden, zum Beispiel durch gemeinsame Innovations- und Community-Veranstaltungen. Schon allein das offene Raumkonzept und insbesondere die Begeisterung und Offenheit für neue Technologien am IPAI fördert den Austausch untereinander.
So setzt SCHUNK KI schon heute ein
SCHUNK implementiert KI nach und nach in allen Produkten, Services und Prozessen. Beim 2D Grasping-Kit erkennt eine Kamera die zu greifenden Werkstücke mit Hilfe einer von SCHUNK entwickelten KI-Software.
Der smarte Werkzeughalter iTENDO2, welcher Echtzeit-Bearbeitungsdaten zur Prozessüberwachung nutzt, wurde unter Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Evaluierung der Daten entwickelt. Für die digitale Planung und Simulation komplexer, automatisierter Prozesse stellt SCHUNK intelligente Softwarebausteine im NVDIA Omniverse zur Verfügung.
Auch bei internen Prozessen kommt KI zum Einsatz: Das eigens entwickelte SCHUNK-GPT steigert die Effizienz beispielsweise in den Bereichen Engineering, Marketing, Vertrieb oder Software-Entwicklung.
Wo sehen Sie Chancen beim Einsatz von KI?
Gessmann: Wir erhöhen damit die Produktivität unserer Kunden, weil KI Automatisierungsprozesse beschleunigt und optimiert – oder überhaupt erst möglich macht, um das Geschäft nachhaltig zu sichern. Ein Beispiel ist die KI-unterstützte Objekterkennung per Kamera bei robotergeführten Handhabungsapplikationen: Die Anwender müssen den Roboter nicht mehr aufwendig programmieren und teachen, sondern das System versteht seine Aufgabe in großen Teilen von selbst. Hierdurch werden viele Automatisierungen erstmals realisierbar. Und andere werden einfacher, weil sie bei KMUs keine Fachkräfte mit Programmierkenntnissen voraussetzen. Es werden also viel mehr Arbeitsschritte für viel mehr Unternehmen automatisierbar.
Gräter: In Deutschland und anderen Ländern ist das ein absoluter Wettbewerbsfaktor! Denn uns mangelt es nicht nur an Fachkräften, sondern bereits an Arbeitskräften allgemein. KI-unterstützte Automatisierung ist für die Industrie hier eine wichtige Antwort darauf.
„Unternehmen sind nur mit KI zukunftsfähig.“
Moritz Gräter, CEO von IPAI
Gessmann: Das betrifft auch interne Prozesse. Wir haben unsere eigene Fertigung als Smart Factory organisiert. Hier fallen viele Daten an, die wir mit Hilfe der KI auswerten und Fertigungsschritte optimieren. Und wir verfügen über ein eigenes SCHUNK-GPT, mit welchem wir immer mehr Anwendungen in der Entwicklung, in Vertrieb und Marketing sowie im Wissensmanagement umsetzen und dadurch unsere Produktivität in allen Bereichen steigern.
In der Gesellschaft gibt es auch Skepsis gegenüber dem Einsatz von KI. Wie bauen Sie Vertrauen auf?
Gräter: Das ist ein wichtiger Punkt. Denn wenn wir von KI profitieren wollen, geht das nur, wenn wir dieser Technologie vertrauen. Das ist nichts prinzipiell Neues bei Technologien – auch einem Auto oder einem Flugzeug müssen Sie ja erst einmal vertrauen, wenn Sie es sicher benutzen möchten. KI ist komplex und für viele eine Blackbox. Darum möchten wir, dass sie transparent und nachvollziehbar wird. Wir haben in den IPAI SPACES jetzt ein Besucherzentrum für alle eröffnet, wo zum Beispiel anschaulich gezeigt wird, wie ein neuronales Netz funktioniert: Wenn die KI ‚überlegt‘, ob sie gerade ein Zebra oder einen Elefanten sieht – was passiert da eigentlich? Wir erklären die Technologie und zeigen, dass es keine Zauberei ist.
Was haben Kunden von SCHUNK davon, dass sich das Unternehmen am IPAI engagiert?
Gessmann: SCHUNK hat mit IPAI stets Zugang zu den neuesten KI-Technologien. Unsere Kunden profitieren von diesem Technologiefortschritt direkt, weil wir diese Technologien über unsere Produkte und Dienstleistungen voll nutzbar machen und ihre Produktivität gesteigert wird. Gleichzeitig können sie sicher sein, dass unsere KI-Anwendungen vertrauenswürdig, zuverlässig und qualitativ hochwertig sind. Und ein Letztes noch: Unsere Kunden profitieren auch von diesem speziellen Innovationsgeist und dem großem Netzwerk, welche wir vom IPAI mitbringen.
IPAI
In Heilbronn entsteht seit 2022 der Innovation Park Artificial Intelligence. Ziel ist es, ein europäisches Zentrum für KI-Technologie aufzubauen. IPAI ist als Innovations-Ökosystem konzipiert, in dem Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Institute und Forschungseinrichtungen im gemeinsamen Austausch an KI-Themen arbeiten.
Im Sommer 2024 eröffnete das erste eigene Gebäude, die „IPAI SPACES“ mit Besucherzentrum, Reallabor und Co-Working-Spaces. 2025 startet der Bau des IPAI CAMPUS auf 23 Hektar. Schon jetzt engagieren sich zahlreiche strategische Partner wie SCHUNK, ebm-papst, Audi, Fraunhofer IAO, Campus Founders, Würth oder die Schwarz-Gruppe.